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BAG-Urteil zu privaten Chatgruppen

Können Pöbeleien gegen den Chef im Rahmen einer geschlossenen Whatsapp-Gruppe ein Kündigungsgrund sein, wenn die Inhalte weitergereicht werden? Ein Urteil.

Kündigung wegen Beleidigung rechtens?

Deutschlands höchste Arbeitsrichter hatten einen brisanten Fall zu entscheiden: Können Pöbeleien gegen den Chef im Rahmen einer geschlossenen Whatsapp-Gruppe ein Kündigungsgrund sein, wenn die Inhalte weitergereicht werden? Das Bundesarbeitsgericht (BAG) fällte ein bemerkenswertes Urteil.

Private Whatsapp-Gruppen unter Beschäftigten sind gerade in größeren Betrieben weit verbreitet, um sich in geschütztem Rahmen über bestimmte Themen auszutauschen.

Das kann durchaus Vorteile haben und auch dem Teamgeist dienlich sein. Anders sieht es aus, wenn Teilnehmer solcher Gruppen gegen Vorgesetzte oder Kollegen ausfallend werden. Werden derartige Beleidigungen im Betrieb bekannt, müssen die Gruppenmitglieder mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen bis zur Kündigung rechnen. Nur in bestimmten Ausnahmefällen dürfen sie sich auf ihre Privatsphäre berufen. Dies entschied das BAG nun in einem aktuellen Urteil – und verwies die Sache zugleich an die Vorinstanz zurück.

Der Fall

Einige Mitarbeiter einer Fluggesellschaft tauschten sich fleißig in einer privaten Whatsapp-Gruppe aus, im Zuge anstehender Umstrukturierungen im Unternehmen leider auch in Form übler Beleidigungen eines Vorgesetzten. Auch rassistische und sexistische Äußerungen enthielt der Austausch in der Gruppe, ebenso wie eindeutige Aufrufe zu körperlicher Gewalt.

Doch was man für privat hielt, wurde in diesem Falle öffentlich. Ein Mitarbeiter leitete den Chatverlauf an den Betriebsrat weiter, welcher den Personalchef der Fluggesellschaft umfassend informierte. Dieser ließ sich von dem Gruppenmitglied, welches den Chatverlauf weitergeleitet hatte, dessen Authentizität bestätigen – und bald darauf kündigte der Arbeitgeber ebendiesem Beschäftigten fristlos.

Die Vorinstanzen

Der betroffene Beschäftigte beschritt daraufhin den Rechtsweg und reichte eine Kündigungsschutzklage ein, welche er damit begründete, der Arbeitgeber hätte die Inhalte des ausdrücklich privaten Chat-Verlaufs nicht verwenden dürfen. Das Arbeitsgericht Hannover und das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen folgten dieser Begründung und erklärten die Kündigung für unzulässig.

Das BAG-Urteil

Die Richter des Bundesarbeitsgerichtes urteilten nun anders und argumentierten, der besondere Schutz der Privatsphäre im Rahmen einer vertraulichen Kommunikation in einer geschlossenen Gruppe sei nur in besonders begründeten Fällen gegeben und hinge von den konkreten Chat-Inhalten sowie von der Größe und Zusammensetzung der Chat-Gruppe ab. Lägen beleidigende oder menschenverachtende Inhalte über Kollegen oder Vorgesetzte vor, so müsse das Recht auf Privatsphäre in besonderem Maße dargelegt werden.

Der weitere Verlauf

Das BAG hob das Urteil des LAG Niedersachsen auf und verwies die Angelegenheit dorthin zurück. Das Landesgericht wird dem gekündigten Beschäftigten nun die Möglichkeit geben, das von ihm erwartete Recht auf Privatsphäre in diesem konkreten Fall zu begründen – und die Sache anschließend neu bewerten.

BAG-Urteil vom 24.8.2023, Aktenzeichen 2 AZR 17/23