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Der Koalitionsvertrag: Was ist drin für HR und Payroll?

Die kommende Berliner Regierung will frischen Wind – und ein bisschen Sturm – in die Welt von HR und Payroll bringen, so steht es jedenfalls im Koalitionsvertrag. Von Mindestlohn bis Mitbestimmung ist alles dabei, was Personalabteilungen lieben oder demnächst lieben lernen müssen.

CDU/CSU und SPD haben sich geeinigt. 146 Seiten politisches Neuland unter dem Titel „Verantwortung für Deutschland“ – und mittendrin: HR und Payroll. Doch was bedeutet das konkret? Die gute Nachricht: Vieles wird digitaler, einiges sogar einfacher. Weniger Papierkrieg heißt allerdings nicht zwingend weniger Arbeit, sondern eher andere Arbeit. Was wurde konkret beschlossen?

Fachkräfte, Frauen und Familien – die große FF-Formel

Die Regierung will mehr Menschen in Arbeit bringen – und zwar nicht nur irgendwie, sondern mit Stil: flexibler, digitaler, familienfreundlicher. Ein „digitales Familienbudget“ soll helfen, wenn Kinderbetreuung, Pflege und Job plötzlich gleichzeitig an der Tür klopfen.

Für HR heißt das: Neue Arbeitszeitmodelle schaffen - und bessere Wiedereinstiegsoptionen.

Mindestlohn: Die 15-Euro-Frage

Der Mindestlohn soll auf 15 Euro steigen – nicht ob, sondern wann, ist die Frage. Die Kommission orientiert sich künftig am Medianlohn und spätestens 2026 könnte die magische Marke geknackt sein.

Das heißt für die Payroll: Wer jetzt noch denkt, das betrifft „nur ein paar Nebenjobs“, wird spätestens beim nächsten Lohnlauf eines Besseren belehrt. Also lieber früher als später das eigene Lohngefüge auf den Prüfstand stellen.

Steuerfreie Überstunden

Die neue Regel: Wer mehr arbeitet, soll auch mehr netto haben – aber eben nicht jeder. Steuerfrei bleibt’s nur für tarifgebundene Überstunden ab der 35. Stunde (ohne Tarif erst ab 40). Die Botschaft: Tarifbindung zahlt sich aus – wortwörtlich.

Für die Payroll bedeutet das: Neue Zuschläge clever verbuchen und den Tarifstatus eindeutig dokumentieren.

Teilzeit auf Vollzeit

Wer aus der Teilzeit in die Vollen geht, bekommt künftig steuerlich geförderte Prämien vom Arbeitgeber. Ein Anreiz, der den Personalmangel zwar nicht über Nacht löst – aber vielleicht für ein paar Lichtblicke im Bewerberpostfach sorgt.

Die Entgeltabrechnung sollte wissen, was eine Sonderprämie ist – und sie steuerlich sauber einordnen, bevor der Betriebsprüfer vorbeischaut.

Arbeitszeit neu gedacht

Die tägliche Höchstarbeitszeit tritt in den Hintergrund, die wöchentliche Betrachtung rückt ins Zentrum: Flexiblere Modelle der Arbeitszeitgestaltung gewinnen an Bedeutung. Zwar bleibt Vertrauensarbeitszeit grundsätzlich erlaubt, doch die gesetzlich verpflichtende Arbeitszeiterfassung wird zur neuen Norm.

Für Unternehmen bedeutet das: Wer bislang noch auf Excel oder manuelle Prozesse setzt, steht vor einem digitalen Umbruch. Die Einführung geeigneter Zeiterfassungssysteme ist nicht länger Kür, sondern Pflicht. Nur mit modernen Tools lassen sich Arbeitszeiten, Pausen und Ruhezeiten rechtssicher dokumentieren – und Zuschläge korrekt berechnen.

Fazit für HR und Payroll: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, bestehende Prozesse auf den Prüfstand zu stellen, digitale Lösungen einzuführen und alle Beteiligten für die neue Systematik zu sensibilisieren.

Arbeiten nach Renteneintritt – steuerfrei!

Bis zu 2.000 Euro monatlich dürfen künftig steuerfrei verdient werden – von Rentnern, die freiwillig weitermachen. Und das Comeback beim alten Arbeitgeber ist kein Problem mehr.

Payroll muss künftig doppelt hinschauen: Status, Steuerklasse, Sozialversicherung.

Die BAV wird digitaler

Die betriebliche Altersversorgung wird digitalisiert, transparenter und tragfähiger – vor allem für kleine Betriebe und Geringverdiener. Auch bei Arbeitgeberwechseln wird’s einfacher. 

Das bedeutet: Förderlogik aktualisieren, Schnittstellen zu Versicherern öffnen und die BAV nicht mehr als lästiges Nebenprojekt behandeln, sondern als Zukunftsmodul.

Gründen in 24 Stunden

Ein Unternehmen soll sich künftig in 24 Stunden gründen lassen. Was wie ein Slogan aus dem Silicon Valley klingt, ist ernst gemeint – samt One-Stop-Shop und digitaler Beurkundung. Auch die Schriftform bei Arbeitsverträgen? Wird digital.

Die Payroll darf jubeln: Weniger Papier, mehr Tempo – vorausgesetzt, die HR-Dokumentation ist bereit für den digitalen Raketenstart.

SV goes EU: Digitaler, internationaler, datensicherer

Mit dem EUDI (EU-Sozialversicherungsausweis) und der eDeclaration wird die Sozialversicherung europäisch gedacht. Weniger Papier, mehr Schnittstellen – und auch das A1-Verfahren könnte perspektivisch betroffen sein.

Selbstständig oder scheinselbstständig?

Statusfeststellung goes digital – mit Schnellverfahren, Genehmigungsfiktion und mehr Klarheit für Solo-Selbstständige. Das klingt nach Verwaltungsrevolution und bedeutet konkret zumindest weniger Formular-Marathon.

Für HR heißt das: Mischformen in Teams im Blick behalten und lieber einmal zu viel dokumentieren als einmal zu wenig.

Mitbestimmung wird digital 

Online-Wahlen für Betriebsräte, virtuelle Betriebsversammlungen, Steueranreize für Gewerkschaftsmitglieder – die Mitbestimmung wird digitalisiert, aber nicht abgeschafft. Im Gegenteil: Wer es ernst meint, muss auch digital mitreden können.

Fazit

Zwischen Mindestlohn, Rentenboost & Digital-Turbo bleibt die Personalarbeit mit Sicherheit spannend. Der Koalitionsvertrag ist kein lauer Kompromiss – sondern ein Arbeitsprogramm für die nächsten vier Jahre. Für HR und Payroll heißt das: Umdenken, anpassen, durchatmen.