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BAG urteilt: Kein Anspruch auf Gehaltsabrechnung in Papier
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden: Arbeitgeber sind nicht verpflichtet, Gehaltsabrechnungen in Papierform bereitzustellen. Die Bereitstellung in einem passwortgeschützten digitalen Mitarbeiterpostfach erfüllt die gesetzliche Vorgabe zur Textform laut Gewerbeordnung. Damit können Unternehmen vollständig auf digitale Lohnabrechnungen umstellen – allerdings unter bestimmten Voraussetzungen.
Der Hintergrund
Im zugrunde liegenden Fall hatte eine Verkäuferin im Einzelhandel gegen die ausschließliche Bereitstellung ihrer Gehaltsabrechnungen in digitaler Form geklagt. Ihr Arbeitgeber stellte die Abrechnungen seit März 2022 auf Basis einer Konzernbetriebsvereinbarung nur noch über ein digitales Mitarbeiterpostfach bereit. Die Arbeitnehmerin verlangte weiterhin eine Abrechnung in Papierform.
Die Konzernbetriebsvereinbarung sah vor, dass alle Personaldokumente – insbesondere Gehaltsabrechnungen – von einem externen Anbieter digital zur Verfügung gestellt werden. Arbeitnehmer konnten darauf passwortgeschützt zugreifen. Falls sie keinen privaten Online-Zugang hatten, musste der Arbeitgeber ermöglichen, die Dokumente im Betrieb einzusehen und auszudrucken.
Die erste Instanz
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen entschied zunächst zugunsten der Klägerin. Den Richtern zufolge sind Entgeltabrechnungen zugangsbedürftige Erklärungen und ein digitales Mitarbeiterpostfach stellt nur dann eine geeignete Empfangsvorrichtung dar, wenn der Arbeitnehmer dieses ausdrücklich für den Empfang solcher Erklärungen bestimmt hat.
Da die Arbeitnehmerin dies nicht getan hatte, sah das Gericht die Bereitstellung in elektronischer Form als nicht ausreichend an.
Die BAG-Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht sah die Sache anders als die Vorinstanz und hob deren Entscheidung mit seinem Urteil vom 28. Januar 2025 (Az. 9 AZR 48/24) auf. Nach Ansicht des BAG wahrt die digitale Bereitstellung der Gehaltsabrechnung in einem geschützten Online-Postfach die gesetzliche Textform gemäß Gewerbeordnung. Zudem betrachten die Bundesrichter den Anspruch auf eine Gehaltsabrechnung als Holschuld. Konkret muss der Arbeitgeber die Abrechnung lediglich an einer elektronischen Ausgabestelle zur Verfügung stellen, der Arbeitnehmer ist in der Folge selbst für den Abruf verantwortlich. Entscheidend ist allerdings: Beschäftigte ohne privaten Online-Zugang müssen die Möglichkeit haben, ihre Abrechnungen auf andere Weise einzusehen. Der Arbeitgeber muss diesen Beschäftigten folglich die Möglichkeit geben, ihre Abrechnungen im Betrieb einzusehen und auszudrucken.
Folgen für Arbeitgeber
Das Bundesarbeitsgericht hat mit diesem Urteil für Rechtssicherheit bei der digitalen Bereitstellung von Gehaltsabrechnungen gesorgt. Arbeitgeber dürfen Gehaltsabrechnungen in einem gesicherten digitalen Mitarbeiterpostfach zur Verfügung stellen, die gesetzliche Textform wird dadurch nicht verletzt. Es besteht keine Verpflichtung, die Abrechnungen in Papierform auszugeben. Allerdings muss für Arbeitnehmer ohne digitalen Zugang eine alternative Einsichtsmöglichkeit geschaffen werden. Noch ungeklärt bleibt die Frage, ob die Einführung und Verwaltung eines digitalen Postfachs in den Zuständigkeitsbereich des Konzernbetriebsrats oder der örtlichen Betriebsräte fällt. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zur weiteren Klärung zurückverwiesen.
Jetzt Verfahren überprüfen
Mit dieser Entscheidung wird die Digitalisierung im Arbeitsrecht weiter vorangetrieben. Arbeitgeber sollten prüfen, ob ihr Verfahren zur Bereitstellung von Gehaltsabrechnungen den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Insbesondere sollte sichergestellt sein, dass alle Mitarbeiter – unabhängig von ihrem Zugang zum Internet – ihre Abrechnungen abrufen können. Das BAG-Urteil ist ein wichtiger Schritt in Richtung digitale Transformation im Personalwesen und erleichtert Unternehmen die Einführung papierloser Prozesse.