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Achtung – gefälschte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen

Gefälschte AU-Bescheinigungen nehmen zu und bringen rechtliche sowie finanzielle Risiken für Unternehmen mit sich. Durch sorgfältige Prüfung, klare Richtlinien und die Sensibilisierung der Mitarbeiter kann Missbrauch effektiv verhindert werden.

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sind ein essenzielles Instrument zur Bestätigung von Krankheitstagen für Beschäftigte. In jüngster Zeit hat jedoch die Zahl gefälschter Krankschreibungen stark zugenommen. Diese lassen sich oftmals online erwerben und können in der Folge höchst unangenehme Konsequenzen haben, insbesondere für die jeweiligen Mitarbeiter. Arbeitgeber sind indes zur Wachsamkeit aufgerufen. 

Warnungen aus dem Gesundheitssektor

Verschiedene Ärztekammern in Deutschland haben bereits vor gefälschten AU-Bescheinigungen gewarnt. In vielen Fällen stammen diese von nicht zugelassenen oder gar fiktiven Ärzten. So berichtete die Ärztekammer Schleswig-Holstein von gefälschten Dokumenten unter falschen Namen mit Praxisadressen in Dortmund und Leipzig. Auch die Ärztekammer Nordrhein meldete Verdachtsfälle mit angeblichen Ausstellern, deren Praxen an den angegebenen Adressen nicht existieren. Diese Krankschreibungen werden meistens ohne einen tatsächlichen Arzt-Patienten-Kontakt erworben und die betroffenen Beschäftigten setzen sich (unwissentlich) erheblichen arbeitsrechtlichen Risiken aus. 

Rechtliche Risiken für Beschäftigte

Reichen Beschäftigte AU-Bescheinigungen ein, die sich bei näherer Betrachtung als gefälscht herausstellen, haben Arbeitgeber das Recht, die Entgeltfortzahlung zu verweigern und arbeitsrechtliche Schritte einzuleiten. Mehrere Urteile verdeutlichen die rechtlichen Konsequenzen:

  • Das Landesarbeitsgericht Hessen (Az.: 16 Sa 380/20) bestätigte die rechtmäßige Kündigung einer Arbeitnehmerin, die gefälschte Atteste für ihr erkranktes Kind vorgelegt hatte.
  • Laut Urteil des Arbeitsgerichts Berlin (Az.: 42 Ca 16289/20) stellen AU-Bescheinigungen ohne persönlichen oder telefonischen Kontakt zu einem Arzt keinen ausreichenden Nachweis für eine Arbeitsunfähigkeit dar.
  • Das Bundesarbeitsgericht (Az.: 2 AZR 123/02) entschied, dass der Beweiswert einer AU-Bescheinigung erschüttert sein kann, wenn sie exakt die Dauer der Kündigungsfrist abdeckt.

Praktische Empfehlungen für das Personalmanagement

Um Unternehmen vor den Folgen gefälschter AU-Bescheinigungen zu schützen, sollten HR-Abteilungen folgende Maßnahmen ergreifen:

  1. Sorgfältige Prüfung: AU-Bescheinigungen sollten auf Unstimmigkeiten wie fehlende Kontaktdaten, ungewohnte Praxisadressen oder unklare Arztstempel kontrolliert werden.
  2. Sensibilisierung der Belegschaft: Mitarbeiter sollten über die Risiken und rechtlichen Konsequenzen der Nutzung gefälschter Krankschreibungen informiert werden.
  3. Klare Richtlinien: Unternehmensinterne Regelungen sollten festlegen, wie Verdachtsfälle behandelt werden und welche Sanktionen drohen.
  4. Juristische Beratung: Bei Verdacht auf Fälschung ist eine rechtliche Prüfung notwendig, um arbeitsrechtlich sichere Entscheidungen zu treffen.

Die Payroll-Fachkraft von morgen

Die Digitalisierung und Automatisierung der Payroll erfordert eine Neuausrichtung der Rolle der Fachkraft für Entgeltabrechnung. Zukünftig wird er weniger operative Lohnabrechnungen durchführen und stattdessen verstärkt als Berater, Prozessmanager und Spezialist für automatisierte Payroll-Systeme agieren.

Die Rolle der Payroll-Fachkraft erfährt durch Automatisierung, den Einsatz Künstlicher Intelligenz und den Fachkräftemangel einen tiefgreifenden Wandel. Klassische Lohnabrechnungen treten in den Hintergrund, während strategische Beratung, Prozessmanagement und digitale Transformation an Bedeutung gewinnen. Der Payroll-Experte der Zukunft wird nicht nur Fachwissen in Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrecht mitbringen, sondern auch tiefgehende Kenntnisse in modernen Payroll-Technologien und Automatisierungslösungen besitzen.

Strategische Bedeutung und neue Aufgabenbereiche

Da viele Steuerberater aufgrund fehlender Nachfolger aus dem Markt ausscheiden, entsteht eine Fachkräftelücke, mit der deutschen Unternehmen umgehen müssen. Die Entgelt-Fachkraft der Zukunft wird diese Lücke schließen, indem sie Unternehmen bei der Wahl zwischen Inhouse- und Outsourcing-Payroll berät, hochautomatisierte Lohnabrechnungssysteme implementiert und optimiert sowie Compliance-Risiken erkennt und gesetzliche Änderungen strategisch berücksichtigt. Zudem wird sie als Schnittstelle zwischen HR, IT und Finanzbuchhaltung agieren, um eine reibungslose Payroll-Governance sicherzustellen.

Technologische Anforderungen und Digitalisierung

Die technologischen Anforderungen an Lohnexperten steigen kontinuierlich. Neben fundiertem Wissen im Steuer- und Sozialversicherungsrecht sind Kenntnisse in modernen Payroll-Softwarelösungen essenziell. Auch die Nutzung von „Predictive Analytics“ (siehe unten), Schnittstellenmanagement und KI-gestützten Payroll-Analysen wird zunehmend wichtiger. Unternehmen erwarten von Payroll-Experten analytische und strategische Kompetenzen, um datenbasierte Entscheidungen zu unterstützen und Payroll-Prozesse effizienter zu gestalten.

Predictive Analytics in der Entgeltabrechnung

Predictive Analytics bezeichnet die vorausschauende Analyse von Abrechnungs- und Personaldaten mithilfe von Algorithmen und künstlicher Intelligenz. Ziel ist es, frühzeitig Muster, Risiken oder Abweichungen zu erkennen, um Fehler zu vermeiden und bessere Entscheidungen zu treffen. In der Entgeltabrechnung können auf diese Weise mögliche Abrechnungsfehler, auffällige Lohnabweichungen oder fehlerhafte Sozialversicherungsmeldungen automatisch identifiziert werden, bevor sie passieren. 

Auch zukünftige Personalkosten, Überstunden oder Krankheitsausfälle lassen sich auf Basis historischer Daten zuverlässig prognostizieren. Predictive Analytics hilft dabei, die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben zu sichern, Prozesse zu optimieren und die Payroll strategisch zu steuern. Aus einem reinen Abrechnungsprozess wird so ein wertvolles Frühwarn- und Planungsinstrument.

Change Management und Weiterbildung

Zudem spielt das Change Management eine entscheidende Rolle, denn HR-Teams und Beschäftigte in der Entgeltabrechnung müssen auf neue Technologien vorbereitet und entsprechend geschult werden. Die Payroll-Cracks von morgen sollen nicht nur die Digitalisierung vorantreiben, sondern auch als Multiplikatoren für das notwendige Wissen innerhalb der Organisation auftreten. Durch kontinuierliche Weiterbildung und Anpassung an neue gesetzliche Vorgaben können sie ihre strategische Rolle weiter ausbauen.

Fazit

Durch den tiefgreifenden Wandel in der Branche wird die Fachkraft für Entgeltabrechnung eine zentrale Position in Unternehmen einnehmen. Sie wird weniger Zeit mit manuellen Lohnabrechnungen verbringen und stattdessen die Transformation der Payroll strategisch begleiten. Die Kombination aus technologischem Know-how, rechtlicher Expertise und beratender Funktion macht sie zu einem unverzichtbaren Akteur in der modernen Arbeitswelt. Wer sich frühzeitig auf Automatisierung und strategische Beratung spezialisiert, wird gefragter sein denn je.